Zitat von lej
Wolfsjagd ist sicher genau so wenig ein Verbrechen wie das Erlegen eines Wales. Kommt eben darauf an, wer das macht und wie und warum das stattfindet.Differerenzieren ist manchmal wichtig.
Darum eben.
Sicherlich sind für eine Beurteilung des Sachverhaltes notwendige Informationen erforderlich.
In Schweden gibt es 25 Wolfsrudel (2008/2009), die insgesamt aus etwa 230 - 250 Tieren bestehen. Schweden nimmt in Europa bezüglich der Wolfsdichte lediglich Platz 21 von den 26 Ländern ein, in denen es Wölfe gibt. Keins von den 20 Ländern mit größerer Wolfsdichte hat eine niedrigere Bevölkerungsdichte als Schweden.
Die Möglichkeit "Problemwölfe", die z.B. in Rentiergebieten oder bei Schafen durch Risse auffällig geworden sind, gibt es bereits seit einiger Zeit. Das sind sog. Schutzjagden (Skyddsjakt) die vom Naturvårdsverket genehmigt werden. Darüber hinaus gibt es die Wilderei auf Wölfe: "Schwedische Wissenschaftler haben anhand der Daten, die sie durch besenderte Wölfe erhalten haben, herausgefunden, dass die illegale Jagd fast 50 Prozent der Wolfssterblichkeit in Schweden ausmacht." (Quelle: Tom Arnbom, WWF Schweden)
Schnell wird klar, dass mit den 27 Wölfen, die am vergangenen Wochenende auf der Lizenzjagd geschossen wurde, die tatsächliche Wolfsstrecke viel größer ist. Weiterhin wurde ein zeitlich begrenztes Gesetz erlassen, welches einem Tierhalter zum Schutz seines Eigentums die Möglichkeit gibt, einen Wolf zu töten, der Hund, Schaf, Kuh ... angreift. (Jährlich kommen in Schweden zwischen 20 - 30 Hunde auf Jagden durch Wölfe um.)
Die Halter von Nutztieren werden vom schwedischen Staat bei Wolfs-, Luchs-, Vielfras- und Bärenrissen (Steinadler?) entschädigt.
Treibende Kräfte "pro-Wolfsjagd" kommen vor allem aus den Kreisen der Jäger. Selbst der schwedische König hat sich während einer Jagd im Jahr 2008 öffentlich für eine Bejagung des Wolfes ausgesprochen. Einen objektiven Grund, der auf Nahrungsbeschaffung oder Störung des biologischen Gleichgewichts basiert, gibt es für die Bejagung des Wolfs keinesfalls. Jedoch besitzt die Elchjagd in Schweden einen sehr hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Ein Wolfsrudel erlegt im Jahr etwa 100 Elche in Abhängigkeit von der Rudelgröße. Durch Jäger werden etwa 80.000 Elche geschossen, bei einer Elchpopulation von 250.000 - 300.000 Elchen. (Quelle: Tom Arnbom, WWF Schweden) Hinzu kommen noch die erwähnten Tötungen von Jagdhunden durch Wölfe während der Durchführung der traditionellen "Suchejagden". Dabei wird mit Hunden das Wild aufgespürt, in Bewegung gehalten oder gestellt bis ein Schütze erfolgreich ist/sein kann. Die Hunde, oft Elch- , Jämthunde oder Laikas, jagen meist selbständig bzw. allein in z.T. großer Entfernung vom Hundeführer.
Auch wenn die Lizenzjagd auf den Wolf in Schweden auf einem Parlamentsbeschluss beruht, so ist sie m.E. ein Ergebnis der Lobbyarbeit insbesondere seitens Vertreter der Jagd.
Von diesen Lobbyisten wird ein Argument zur Rechtfertigung angeführt, welches aus folgendem Umstand hergeleitet wird:
Vor etwa einem Jahr habe ich an einem Vortrag des schwedischen Biologen Tom Arnbom, WWF Schweden, teilgenommen. Zum Inzucht-Problem der schwedischen Wolfspopulation trug er u.a. folgendes vor:
"Nach der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren wanderten die Wölfe wieder nach Skandinavien zurück. Die Größe der Wolfspopulation wurde damals durch die Verfügbarkeit der Beutetiere auf natürliche Art und Weise reguliert. Im Gegensatz dazu wurde die Anzahl der Wölfe in den letzten 300 Jahren stark von den Menschen durch massive Verfolgung beeinflusst. Die Folge war, dass vom Jahr 1850 an die Anzahl der Wölfe rapide zurückging und bereits im Jahr 1965 die Wölfe schon fast ausgestorben waren. Obwohl die Wölfe im Jahr 1966 unter Schutz gestellt wurden, gab es bis 1982 nur wenige Einzelsichtungen von Wölfen und keinen Hinweis auf Aufzucht von Welpen."
"Erst im Jahr 1983 wurden in Schweden wieder Welpen geboren. In den folgenden 10 Jahren stammten alle Welpen, die in Schweden geboren wurden, von zwei Elterntieren und deren Nachkommen ab. Der Startschuss für das Wachstum der Wolfspopulation fiel allerdings erst in den frühen 1990er Jahren, als ein Wolf aus der finnisch-russischen Population nach Schweden einwanderte und sich mit einem der schwedischen Wölfe paarte. Von nun an konnte man ein stetiges Wachstum der Wolfspoulation in Schweden beobachten.
Bis zum Jahr 2008 stammten alle Wolfsfamilien in Schweden von nur drei Individuen ab, was ein großes Inzuchtproblem darstellt. Die Wölfe, die sich miteinander verpaaren, sind näher miteinander verwandt als normale Geschwister und um die Wolfspopulation weiter zu erhalten, wird "neues Blut" dringend benötigt."
Blutauffrischungen könnten z.B. durch Wolfsimporte aus Finnland/Russland erfolgen. Durch die Lizenzjagd wird das Inzuchtproblem jedenfalls nicht gelöst, auch wenn es gerne als Argument herhalten muss.
Wie ihr sicherlich wisst, gibt es seit Ende der 90-er Jahre auch in Deutschland Wölfe, die hier Nachwuchs aufgezogen haben. Mittlerweile bestehen in Sachsen und Brandenburg 6 Rudel und zahlreiche Einzelwölfe in anderen Regionen (Meck-Pom, Niedersachsen, ...). Aber auch in Deutschland mehreren sich aus den gleichen Kreisen wie in Schweden die Stimmen, die die Bejagung des Wolfes fordern. Obwohl doch die Notwendigkeit der Jagd u.a. damit begründet wurde, das in Deutschland große Beutegreifer wie z.B. der Wolf fehlen, die die Wildbestände im Gleichgewicht halten.
So jetzt mache ich aber hier Schluss. Der Text ist schon viel zu lang geworden.
Gruß
Peter