Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 23 Antworten
und wurde 20.537 mal aufgerufen
 ALLGEMEINES CANADIERFORUM
Seiten 1 | 2
Andreas Schürmann ( gelöscht )
Beiträge:

19.06.2018 10:56
"besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Als Fortführung dieses Beitrages
"besser paddeln lernen"

Rotation


In der letzten Übung war der Punkt vorm Korrigieren beschrieben als: „Der Oberkörper ist angespannt wie eine Drehfeder.“ Zum Paddeln nutzen wir unseren Körper wie eine senkrecht stehende Drehfeder. Die Bewegung entsteht überwiegend zwischen Hüfte und Schultern.
Durch verdrehen des Oberkörpers wollen wir die großen Muskeln im Rücken für unseren Vortrieb nutzen. Ähnliche Bewegungen findet man beim Speer werfen, auch dort wird Rotation eingesetzt um die Kraft der Rückenmuskulatur zu nutzen.

Die Rotation des Oberkörpers macht keiner von selbst. Diese Bewegung muss man trainieren und immer wieder bewusst üben.
Aus einer aktiv knienden Sitzposition ist die Rotation leichter zu erzeugen als sitzend. Gar nicht gut für die Rotation sind Sitze mit Rückenlehne.

Diese Übung beginnt an Land. Wir stellen uns entspannt auf, die Arme zur Seite ausgestreckt. Der Oberkörper ist senkrecht und bleibt senkrecht. Wir drehen uns langsam und gleichmäßig nach rechts, soweit es geht. Der Kopf folgt der Drehung und der Blick ist führenden Arm gerichtet. Nun langsam und gleichmäßig nach links.
Das machen wir dreimal hin und her. Kontrolliert, nicht mit Schwung in den „Anschlag“ knallen.
Entspannen und nochmal, am hinteren Wendepunkt mal anhalten und spüren wie steht meine Hüfte, wie die Schultern. Auch weniger sportliche schaffen es meist die Schultern um 90° zur Seite zu drehen. Ein Teil dieser 90° kommen schon durch Verdrehen der Hüfte. Im Boot wird dieses Verdrehen der Hüfte dem knienden Paddler leichter fallen als dem Sitzenden.

Übung im Boot
Mit der an Land eingeprägten Bewegung legen wir im Boot mit der rechten Hand unser Paddel, hinter uns quer, auf den Süllrand. Drehen dann 180° nach links und greifen das Paddel mit der linken Hand. Die linke Hand gibt das Paddel vorne dann in die rechte Hand und diese legt das Paddel wieder nach hinten. Wenn das klappt auch mal anders herum üben, linke Hand legt nach hinten, recht greift und übergibt vorne wieder.

Ein kibbeliger Einer kann bei dieser Übung durchaus unruhig werden. so dass wir neben der Herumdreherei auch dem Gleichgewicht Beachtung schenken sollten. Der Oberkörper soll die ganze Zeit senkrecht bleiben.
Nach den Drehübungen kommt das Paddeln. Wie geübt verdrehen wir die Schultern und im vordersten Punkt setzen wir das Paddel ins Wasser. Die Paddelbewegung erzeugen wir durch Rotation und eine Arrmbewegung in den Schultern, bei überwiegend gestreckten Armen.

Die Rotation verbessert auch die Reichweite beim Paddeln.
Haben wir uns erst mal ein wenig im Rotieren geübt, merken wir uns den Punkt am Süllrand, an dem wir unsere Paddel querab, bei guter Rotation, ins Wasser setzen. So dass wir bei normaler Fahrt einfach sehen können, ob wir gut rotiert eintauchen.
Eine weitere Rotationskontrolle ist der Blick nach hinten. Bei der Korrektur des J-Schlages ist der Oberkörper so weit gedreht, dass ein klein wenig Kopf weiter drehen genügt, um das eigene Kielwasser zu sehen.


Marius Offline




Beiträge: 178

22.06.2018 08:11
#2 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Super, danke!!


Tiefwasser Offline




Beiträge: 144

23.06.2018 15:31
#3 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Die vorgeschlagenen Übungen zur Rotation sind sicher sehr hilfreich.

Einige Ausführungen bedürfen jedoch der Richtigstellung:

Die großen Muskeln im Rücken haben anatomisch mit der Rotation wenig zu tun. Oberkörperrotation wird durch die schräge Bauchmuskulatur erzeugt. Wer nach einem intensiven ACA-Kurstag Muskelkater hat, wird ihn an der Bauchseite und nicht im Rücken merken.

Die großen Rückenmuskeln (Latissimus dorsi) sorgen für das zurückführen des Oberarms, das aber beim ACA-Grundschlag aus (bekannten) naheliegenden Gründen nicht gewollt ist: wird der Arm zuweit zurückgezogen, zeigt die aktive Paddelblattseite zunehmend nach oben, will man nicht ("Stop all power at your knee!", Bob Foote). Will man die großen Rückenmuskeln benutzen, kommt man deshalb um ein Bentshaft-Paddel nicht herum; andererseits spielt die Oberkörperrotation beim Sit'n Switch eine untergeordnete Rolle.

Weiter ist anzumerken (ich greife das auf, weil dieser Irrtum offenbar viral durchs Netz geistert), dass im Knieen (Dreipunktsitz) die Rotationsweite geringer als im Sitzen ist und nicht höher. Einfach mal selbst ausprobieren. Ist auch logisch, weil durch die Fixierung des Beckens durch den Dreipunksitz die Hüfte nicht mitdrehen kann. Die Lendenwirbelsäule ist axial relativ unbeweglich, erst in der Brustwirbelsäule findet wieder nennenswert Rotation statt. Im Sitzen wird man feststellen, dass das Becken durch die Oberkörperrotation automatisch ein wenig mitgenommen wird, wie man an der Verschiebung der Sitzbeinhöcker merken kann, die Rotationsweite erhöht sich dadurch deutlich.

Zwei Fragen hätte ich abschließend noch: seit wann wird eigentlich das "schleifende J" propagiert? McGuffin u. a. zeigen noch das J mit dem Paddelblatt seitlich des Oberkörpers, also viel weiter vorn. Warum wird das heute anders gelehrt?


Jörg Wagner Offline



Beiträge: 1.075

23.06.2018 19:11
#4 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Hallo Tiefwasser,
"Das" wird heute im Prinzip nicht anders gelehrt, sondern differenzierter. Die Entfernung des Korrekturpunktes im Bezug auf den Körper des Paddlers ist nicht in Beton gegossen sondern abhängig vom Fahrtzustand (Geschwindigkeit und Spurtreue), die sich übrigens in einem gewissen analogen Verhältnis zueinander befinden. Um unerwünschte Bremseffekte, die latent in jedem Steuerschlag stecken, zu minimieren, ist bei langsamem Tempo ein weiter achterlich angesetzter, dafür aber sanfter bis unmerklicher Krafteinsatz nach Außen anzustreben, sonst befindet man sich in der berühmten
Situation des Zauberlehrlings, der freigesetzte Kräfte am Ende nicht mehr beherrscht. Mit zunehmender Geschwindigkeit und Spurtreue wandert der Korrekturpunkt dann näher zum Körper. Das "schleifende" ist hilfreich beim Erlernen dieses Schlages, da es die mögliche Mühelosigkeit desselben demonstrieren hilft.
Jörg
Wagner


MrDick Offline




Beiträge: 1.345

23.06.2018 20:25
#5 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Mein Lieber Tiefwasser,
zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich es außerordentlich erfrischend finde, wenn jemand, so wie Du das tust, qualifiziert unbequeme Fragen stellt, die durchaus Erkenntnisfördernd wirken können - Danke. Darum habe ich auch mal wieder Lust was zu schreiben.

Das Themenfeld ist recht komplex, deshalb wird das ein längerer Post, in dem ich versuchen werde, auf die von Dir angesprochenen Punkte einzugehen, meine Sichtweise dazu äußern und meine Einschätzung zu dem, was ich als verbreitete Lehrpraxis sehe, hinzuzufügen. Dazu vielleicht auch noch ein paar Gedanken zu den Problemen und Aufgaben die wir allgemein als Instrukteure haben, wenn wir eine komplexe Fertigkeiten vermitteln wollen.

Zitat
Die großen Muskeln im Rücken haben anatomisch mit der Rotation wenig zu tun. Oberkörperrotation wird durch die schräge Bauchmuskulatur erzeugt.



Das sehe ich genauso, ich würde sogar die Rolle der Rotation beim Vorwärtschlag grundsätzlich etwas in Frage stellen. Aus meiner Sicht wird die Rotation aus zwei Gründen in der ACA-Lehrtradition stark (manchmal über-) betont:

1.) Das Konzept der Paddlebox, das besagt, dass man keine Paddelschläge mit den Händen neben oder hinter dem Körper ausführen soll. Man soll den Torso mitnehmen um, insbesondere Schulterverletzungen zu vermeiden. Hier gibt es unter Umständen auch eine Hinwendung zum Paddelschlag in der Korrekturphase, jedoch hat das erstmal nichts mit der Krafterzeugung zu tun. Hier werden in der Überlieferung oft zwei Dinge unzulässig miteinander Verknüpft und halten sich hartnäckig, weil, wie gesagt der betrachtete Bewegungsablauf sehr komplex und schwer zu fassen ist.

2.) Nicht immer stimmt das was wir unseren Schülern erzählen mit der Realität überein, funktioniert aber trotzdem. Manchmal vermitteln wir unseren Schülern ein Bild, das geeignet ist ein Körpergefühl, bzw. eine Wahrnehmung zu fördern die im Ergebnis zur gewünschten Ausführung führt. Ist das Legitim? Ich finde unter bestimmten Voraussetzungen ja: 1. Es funktioniert. 2. Wir gehen offen damit um, dass es nur ein Bild und nicht zwangsläufig die Realität ist und 3. Wir erzeugen mit der Vermittlungshilfe nicht zu viele unerwünschte, hinderliche Vorstellungen und Nebeneffekte.

Bleibt also die Frage, was passiert tatsächlich. Und da muss ich sagen, dass ich mir nicht ganz sicher bin. In der mir Verfügbaren Literatur über Biomechanik und Sport-Anatomie konnte ich dazu nichts finden, besonders deshalb, weil die sich mit kleineren Teilbewegungen beschäftigt.

Aus meiner Sicht stellt sich das aber wie Folgt dar: Wir möchten die Krafterzeugung im Idealfall nicht den Armen und auch nicht nur der Bauchmuskulatur überlassen, sondern möglichst ganze Muskelketten beanspruchen. Dazu ist es wichtig, dass wir das Paddel nicht durch Beweglichkeit in den Armen vom restlichen Körper isolieren, sondern die Arme den Halteapparat bilden, und die in Summe größere Muskulatur unter Einbeziehung des Oberkörpers und der Beine die Kraft auf den Bootsrumpf übertragen. Da spielen sogar die Oberschenkel eine wichtige Rolle.

Was die Rückenmuskulatur angeht, so sehe ich hier vor allem eine statische Belastung während der Vortriebsphase. Wir müssen also unseren Ober- und Unterkörper stabil halten, um den Kontakt zwischen Wasser und Boot zu vermitteln und dazwischen in einem komplexen Zusammenspiel vieler (in Summe) großer Muskelgruppen die Spannung zu erzeugen, der der Bootsrumpf im Wasser nachgeben kann um Trägheitsmoment und Wiederstände zu überwinden. Ich glaube wenn gesagt wird, dass die Kraft dafür in den großen Rückenmuskeln erzeugt werden soll, bezieht sich das "groß" auf das Verhältnis zur Armmuskulatur - es ist nicht zwangsläufig der Latissimus gemeint.

Zitat
Weiter ist anzumerken (ich greife das auf, weil dieser Irrtum offenbar viral durchs Netz geistert), dass im Knieen (Dreipunktsitz) die Rotationsweite geringer als im Sitzen ist und nicht höher.


Dazu folgende Gedanken:
1.) Im Dreipunktsitz kann ich, da ich eine berssere Verbindung zum Boot habe, aus der Rotation besser Kraft ausüben, Im Sitzen weicht der Körper der Rotationskraft einfach aus und der Hintern dreht sich auf dem Sitz (sofern ich es nicht anderweitig schaffe, mich z.B. mit den Knien amn Süllrand festzuklemmen, etc.)

2.) Ich sehe, sofern ich nicht auf einem Sattel sitze, im Dreipunktsitz keinerlei Einschränkung der Rotationsweite. Das Becken kann ich auch hier verdrehen - das hilft mir besser zu meiner Arbeitsseite zu kommen, ist aber praktisch irrelevant für die Kraftübertragung beim Paddelschlag.

3.) Im Dreipunktsitz sind die Knie der tiefste Punkt, das Becken ist leicht nach vorne geneigt, der Rücken natürlich aufgerichtet. Man hat nicht den Buckel, der Beim Sitzen entsteht, wenn der Sitz viel niedriger ist als die Schienbeinlänge. Dieser Buckel entsteht in der oberen Wirbelsäule, genau da wo normalerweise die stärkste Verdrehung möglich ist, und behindert diese. Auch das ist schön für die Hinwendung zur Arbeitsseite z.B. bei einem Heckziehschlag, bringt uns aber für die Krafterzeugung beim Vortrieb garnichts.

Genaugenommen ist der Bewegungsraum bei Paddelschlägen eher geringer als man sich ihn vorstellt ( Die schräge Bauchmuskulatur ist nicht unendlich lang). Anfänger versuchen oft diese Beschränkung der Schlaglänge künstlich zu verlängern, z.B. indem sie die Arme oder Schulterpartie verstärkt mitbenutzen. Aus meiner Sicht liegt das Geheimnis darin, die Schlaglängen auf den effizienten Bereich zu verkürzen. Das bedeutet nicht länger als es die Rumpfmuskulatur zulässt, also als mit gestreckten Armen und gebundenen Gelenken möglich ist, nicht länger als es die Paddelblattstellung effizient erlaubt, und schon garnicht länger als für die Schultergelenke gesund wäre.

Das bedeutet für den Vorwärtschlag, dass er vor dem Körper stattfindet (max. bis zum Knie), und für den J-Schlag, dass er neben dem Körper stattfindet. So - da höre ich jetzt gleich "Einspruch! Die Korrektur muss deutlich hinter dem Drehpunkt sein!"
Ja, das ist korrekt! Im Tandem ist sie das eh immer, und im Solo ist der Drehpunkt mit zunehmender Geschwindigkeit weiter vorn. Dann sinkt auch der Korrekturbedarf und die einzusetzenden Kräfte, und das ist der Anwendungsfall des J-Schlages - ein Cruising-Schlag für zügige Fahrt mit hoher Frequenz. Das ist es wa er gut kann. Was er nicht kann ist lange Schläge mit hohen Kräften und einer Korrektur hinter dem Körper. Er spart Zeit indem er die nach außen gerichtete Kraft am Ende der Vortriebsphase einbaut. Keine unbelastet Phase um das Blatt zur Korrektur nach hinten zu führen wie beim Heckdrückschlag oder Heckhebel, keine Pause um auf die Richtwirkung zu warten wie beim Rudder, und keine zweite Verankerung für die Korrektur. Dadurch erlaubt er eine hohe Frequenz bei geringer Belastung. Für hohe Kräfte ist er nicht geeignet und belastet die Gelenke über Gebühr ohne einen Vorteil zu bringen. Und was man so alles da draußen mit nach unten gedrehten Kontrolldaumen sieht ist zu großen Teilen kein J-Schlag (Was nicht heißen muss, dass es nicht auch Situationen gibt in denen trotzdem Gründe dafür sprechen).

Jetzt haben wir als Instrukteure die Aufgabe einerseits Wissen, andererseits aber vor allem Fertigkeiten zu vermitteln. Man muss nicht alles Verstehen um es zu können, und oft ist der Weg über das Verstehen nicht der effektiviste. Ich habe schon den Anspruch als Instructor auch diese Dinge zu verstehen zu wollen. Nicht immer aber gelingt uns das, und nicht immer sollte ich meine Schüler damit quälen, wenn es nicht nötig ist und sie nicht interessiert (falls es doch jemand wissen will, dann gerne. Als waschechter Paddel-Nerd hab ich ja Spaß an sowas).
Andererseits fand ich auch interessant in einem Buch über Biomechanik zu lesen, dass es Bereiche gibt (witzigerweise im Kapitel über die Entstehung der Drehkraft) mit denen man sich seit Jahrzehnten beschäftigt und zu denen es noch keine zufriedenstellenden Erklärungen gibt.

So, das waren nicht alle, aber zumnindest ein paar Gedanken zu diesem komplexen Thema, das in der Theorie viel Raum für Mißverständnisse bietet, und in der Praxis der Vermittlung nach viel Pragmatismus verlangt. Denn an erster Stelle ist es nicht die Aufgabe von Kanu-Instrukteuren ihre Schüler zu gleichförmigen, scheinbar perfekten Paddelrobottern zu verarbeiten, sondern sie dabei zu unterstützen ihren individuellen Zielen ein Stück näher zu kommen.

In diesem Sinne sage ich immer: Enjoy your skills! You are awesome!

LG Sebastian

--
Das erste deutsche Freestyle-Buch: http://www.freestylecanoeing.de
Canoes aus Naturfaserlaminaten und Canadierkurse am Bodensee: http://www.lakeconstance.de


River_Coyote Offline




Beiträge: 74

24.06.2018 13:39
#6 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von MrDick im Beitrag #5
Und was man so alles da draußen mit nach unten gedrehten Kontrolldaumen sieht ist zu großen Teilen kein J-Schlag (Was nicht heißen muss, dass es nicht auch Situationen gibt in denen trotzdem Gründe dafür sprechen).


Finde ich auch! Übrigens interessantes Thema!

Die Korrektur sollte knapp vor dem Daumen nach unten abgeschlossen sein. Oft ist der Daumen zu lange unten und das Paddelblatt mutiert zum endlosen Ruder, wobei es längst wieder beim verankern sein sollte und das Kanu auf geraden Kurs.



Coyote


Frank_Moerke Offline




Beiträge: 1.588

24.06.2018 18:56
#7 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

" ... Zwei Fragen hätte ich abschließend noch: seit wann wird eigentlich das "schleifende J" propagiert? McGuffin u. a. zeigen noch das J mit dem Paddelblatt seitlich des Oberkörpers, also viel weiter vorn. Warum wird das heute anders gelehrt? ..."

Ich propagiere kein "schleifendes J". Ich akzeptiere es höchstens auf dem Weg, einen J-Schlag zu erlernen.
Ein aktiver Kraftimpuls in der Korrektur (wenn er denn nötig ist) spart Zeit und Bremseffekte.

Auf welcher Höhe der Korrekturpunkt (Position des Paddelblattes im Verhältnis zum Paddler) liegt, hängt von mereren Faktoren ab. Auf jeden Fall muss dieser Punkt deutlich hinter dem Drehpunkt des Bootes liegen.
Im Tandemcanadier hat man da also gewisse Spielräume, da der Heckpaddler eh hinter dem Drehpunkt kniet.
Im Soloboot muss man da feinfühliger agieren.
Richtiger Trimm vorausgesetzt, sollte das Paddelblatt beim Anfahren oder sehr geringen Geschwindigkeiten deutlich hinter dem Körper / Schwerpunkt / Drehpunkt in der Korrektur positioniert werden.
Je schneller das Boot läuft, desto mehr wandert der Drehpunkt nach vorn, desto kürzer können die Paddelschläge erfolgen, desto körpernaher kann korrigiert werden.
Für die Minimierung der Bremseffekte in der Korrektur ist es wichtig, dass
1. ein aktiver Kraftimpuls (je nach bedarf) kurz und knackig gesetzt wird
2. das Paddel möglichst parallel in Fahrtrichtung positioniert ist (Griffhand nicht ins Boot reinziehen)


"... Die Korrektur sollte knapp vor dem Daumen nach unten abgeschlossen sein. ..."

Jein. Das hängt vom Korrekturbedarf ab. Im Idealfall Ja, sonst eher Nein.
Läuft das Boot, sind die äußeren Einflüsse okay, ist es so ganz gut.
Ist der Korrekturbedarf größer (Anfahren, Wind, Trimm usw.), erfolgt ein Kraftimpuls, wenn der Daumen unten angekommen ist.
In der Drehphase des Paddels ist eine gewisse Dosis an Korrektur bereits enthalten. Unter günstigen Bedingungen reicht sie oft aus - aber eben nicht immer.


Andreas Schürmann ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2018 10:44
#8 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Für Selbstlerner, die ihren Paddelstil verbessern wollen, bleibt nach dieser belebenden Diskussion die Frage:
"Was ist richtig, was ist falsch?"

1) Richtig ist, dass zusätzliche Muskeln im Rumpf in der Powerphase aktiviert werden sollen, um leichter mehr Vortrieb zu erzeugen.
2) Richtig ist, dass die Reichweite durch bewegen der Schultern erhöht wird.

Netterweise erwartet unser Körper nicht von uns, dass wir wissen welche Muskeln wir nutzen um eine bestimmte Bewegung zu machen.
Welche Muskeln bei der Rotation des Oberkörpers aktiv sind kann man erahnen, wenn man bei der ersten Übung "Oberkörper hin und her drehen", dem Arm beim Zurückdrehen gegen ein Hindernis drückt. Ganz locker, leichter Druck, zum Beispiel gegen einen Mauervorsprung und dann mit der freien Hand Bauch und Rücken abtasten und fühlen welche Muskeln angespannt sind.

Zur Vorwärtsbewegung der Schulter(n), gibt es ganz offensichtlich zwei Möglichkeiten,
eins, die von mir beschriebene Rotation,
zwei, ein leichtes Beugen des Oberkörpers.
Dies (leichte) Vorwärts- und Zurückbeugen sieht man bei Renncanadierfahrern, es muss also ordentlich Vortrieb bringen.
(Beim den Rennern kommt noch ordentlich Bewegung in den Beinen dazu. Das hat dann aber nicht mehr so viel mit Tourenpaddeln gemeinsam.)

Da sich Rotation und Vorwärtsbeugen nicht ausschließen, bleibt auch noch jede beliebige Kombination aus beiden.
Wer noch nicht festgelegt ist und übt, wird beides probieren müssen, um seine persönlich angenehme Bewegung zu finden.

Die Vor- und Nachteile bedürfen vielleicht sogar einer eigenen Diskussion.
Ich kann zum Beugen nicht viel schreiben, weil ich es nur selten praktiziere.


Jörg Wagner Offline



Beiträge: 1.075

25.06.2018 18:40
#9 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Mißverständnis,
unter "schleifendem J" hatte ich verstanden "weit hinten stattfindender Steuerimpuls", nicht etwa eine passive Paddelhaltung.
Natürlich bin ich ganz bei Frank und Sebastian.
Jörg Wagner


Andreas Schürmann ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2018 19:13
#10 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Vielleicht rührt das Mißverständnis aus diesem Satz.

Zitat von Andreas Schürmann im Beitrag #1
Als Fortführung dieses Beitrages
"besser paddeln lernen"

Rotation


In der letzten Übung war der Punkt vorm Korrigieren beschrieben als: "Der Oberkörper ist angespannt wie eine Drehfeder."....


Der Beitrag macht aber eigentlich ziemlich deutlich, dass der J-Schlag ein aktiver Impuls ist.

Die Drehfeder steht in keinem Zeitpunkt still, sondern wird "aufgezogen" und federt sofort zurück.

Also nichts schleifen lassen.


Marius Offline




Beiträge: 178

27.06.2018 18:26
#11 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

@Andreas Schürmann , da war es doch schon gut einen neuen Thread für die neue Lektion eröffnet zu haben. :-)
Interessant der rege Austausch!


raftinthomas Offline




Beiträge: 784

27.06.2018 22:46
#12 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von Tiefwasser im Beitrag #3
dass im Knieen (Dreipunktsitz) die Rotationsweite geringer als im Sitzen ist und nicht höher.


Kommt halt drauf an, womit man vergleicht. Üblicherweise wird mit dem Kajak verglichen. Und da ist (sollte) das Becken so dermassen fixiert, das bewegt sich quasi gar nicht. Kniend im offenen oder geschlossenen Canadier, auch angegurtet, habe ich mehr Bewegungsfreiheit.
Die Freiheit des Vor- und zurückbeuegens ist kniend auch größer sitzend, so weit, wie ich mich im C1 nach vorn beugen kann, da liegt im K1 meine Nase schon aufm Süllrand.

grüsse vom westzipfel, thomas


gast Offline



Beiträge: 233

28.06.2018 09:54
#13 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von raftinthomas im Beitrag #12
Zitat von Tiefwasser im Beitrag #3
dass im Knieen (Dreipunktsitz) die Rotationsweite geringer als im Sitzen ist und nicht höher.


Kommt halt drauf an, womit man vergleicht. Üblicherweise wird mit dem Kajak verglichen. Und da ist (sollte) das Becken so dermassen fixiert, das bewegt sich quasi gar nicht. Kniend im offenen oder geschlossenen Canadier, auch angegurtet, habe ich mehr Bewegungsfreiheit.
Die Freiheit des Vor- und zurückbeuegens ist kniend auch größer sitzend, so weit, wie ich mich im C1 nach vorn beugen kann, da liegt im K1 meine Nase schon aufm Süllrand.

Sprint C1/K1 oder Wildwasser C1/K1?
Das ist eine wichtige Unterscheidung.

Meine Erfahrung mit Wanderkanus ist dass die Rotation im Sitzen besser ist
und die Vorwärtsgeschwindigkeit dan auch wesentlich größer.

Dirk Barends


Frank_Moerke Offline




Beiträge: 1.588

28.06.2018 10:09
#14 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

" ... Meine Erfahrung mit Wanderkanus ist dass die Rotation im Sitzen besser ist
und die Vorwärtsgeschwindigkeit dan auch wesentlich größer. ..."


Das kann ich so nicht nachvollziehen - oder nur bedingt, wenn man im passenden Kanu mit Fußstütze sitzt.

Aus meiner Erfahrung ist die Drehfreudigkeit des Oberkörpers im Knien deutlich besser, so wie Thomas schon schreibt.
Besonder bei Paddelschlägen offside merkt man das sehr gut.
Kann man einfach selber mit dem Bugziehschlag offside testen ...


gast Offline



Beiträge: 233

28.06.2018 10:30
#15 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von Frank_Moerke
[...]
Kann man einfach selber mit dem Bugziehschlag offside testen ...


Also nicht mit mir höchstens ist die Stabilität dan geringer, was dan einschränkend ist.
In Wellen muss ich dan auch leider knielen...

Dirk Barends


Andreas Schürmann ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2018 10:41
#16 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Ich fühle im Knien deutlich beweglicher, ob das wirklich so ist, habe ich noch nie überprüft, weil der zweite Punkt
Bootskontakt/kontrolle,
so viel besser ist.

Im Sitzen, ohne Fußstütze, ist man doch ein "Spielball" der Kräfte am Paddel.


gast Offline



Beiträge: 233

28.06.2018 10:52
#17 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von Andreas Schürmann im Beitrag #16
[...]

Im Sitzen, ohne Fußstütze, ist man doch ein "Spielball" der Kräfte am Paddel.


Natürlich müssen Sie Ihre Beine immer stützen im Sitzen,
aber Sie können das auch ohne Fußstütze tun -- obwohl nich so gut und härter als mit Fußstütze.

Dirk Barends


Andreas Schürmann ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2018 11:16
#18 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Unsere Grundausstattung am/n Man/Frau und im Boot, bedingt schon das Knien.
Kniematte und Socken geben beim Sitzen schlechten Kontakt, während nacktes Boot und rutschfeste Schuhe ganz gut funktionieren.

Stundenlanges knien finde ich aber recht unbequem, weshalb ich jede Möglichkeit zum Wechseln der Position nutze.

Wird es auf dem Wasser allerdings schwieriger, wechsle ich sofort ins Knien. Nicht weil es besser ist, sondern weil ich das Boot im Knien besser beherrsche.


raftinthomas Offline




Beiträge: 784

28.06.2018 12:11
#19 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von gast im Beitrag #13
Sprint C1/K1 oder Wildwasser C1/K1?



Rennsport lassen wir mal aussen vor. Nicht nur, dass ich da kaum Ahnung habe, das ist auch alles noch viel besonderer.

Ich sprach von "sportlichen" K1, also Wildwasser. und Seekajaks.
Wenn ich natürlich in einem viel zu großen, ungefitteten Wanderboot sitze, bin ich nicht mit dem Boot verbunden sondern kann locker drin rumrutschen.
Ich weiß auch gar nicht, ob sich der Drehwinkel nennenswert unterscheidet. Die Auslenkung ist halt größer.

grüsse vom westzipfel, thomas


gast Offline



Beiträge: 233

28.06.2018 13:50
#20 RE: "besser paddeln lernen" - Rotation Antworten

Zitat von raftinthomas im Beitrag #19
Zitat von gast im Beitrag #13
Sprint C1/K1 oder Wildwasser C1/K1?

[...]
Ich sprach von "sportlichen" K1, also Wildwasser. und Seekajaks.
[...].

OK, aber das war nicht klar. Um Missverständnisse zu vermeiden, frage ich dan lieber.
K1 ist nur ein Ausdruck des Wettkampfsports fur ein (Sprint oder Wildwasser) Einer-Kajak
Ein Seekajak ist deshalb kein K1.

Was ich unter "einem viel zu großen, ungefitteten Wanderboot" verstehen muss, ist mir auch unklar.
Mein aktuelles Wanderkanu ist ohne (± 40 kg) Last etwas zu groß fur mich,
und ich bin damit nicht 'verbunden'.
Aber was das mit Sitzen, Knien und 'Rotation' zu tun hat, entgeht mir auch, eigentlich.
Das einzige, was ich gesagt habe, war dass ich sitzend in einem Wander-Kanu eine bessere 'Rotation' habe als kniend.
In einem offenen oder geschlossenes Wildwasserkanu gibt es kaum eine andere Wahl als kniend paddeln.

Dirk Barends


Seiten 1 | 2
 Sprung