Die erste eigene Kanutour - Erfahrungsbericht

Heute 00:31
#1 Die erste eigene Kanutour - Erfahrungsbericht
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Hallo zusammen,

letztes Jahr bin ich hier in diesem Forum das erste Mal vorstellig geworden, um mir verschiedene Meinungen und Tipps zur Planung und Durchführung einer eigenen Kanutour einzuholen.
Anfang November 2024 war es dann soweit: Zusammen mit einem Freund habe ich mir für ein Wochenende einen Kanadier gemietet. Hiermit berichte ich von meiner ersten Tour und den dabei gesammelten Erfahrungen.

Die Vorbereitung
1 Kanadier – 2 Autos mit Dachgepäckträger. Im Vorfeld haben wir uns über Google Maps und die Smartphone-App „Canua“ geeignete Ein- und Ausstiegspunkte auf unserer Route gesucht.
Die Route, die wir zusammen geplant hatten, sollte in Mühlacker starten und in Besigheim enden, wo die Enz auf den Neckar trifft. Es erschien mir als logische Abgrenzung, um bei der nächsten Tour direkt wieder anknüpfen zu können.
Ein Fahrzeug stellten wir am Ziel ab, mit dem anderen fuhren wir zurück zum Startpunkt. Für die Tour hatten wir zwei volle Tage eingeplant.


Die erste Hürde
5:00 Uhr – Am (ursprünglichen) Startpunkt angekommen, Kanadier und Gepäck bereits abgeladen und ans Wasser getragen, fiel uns leider viel zu spät auf, dass der vorher ausgekundschaftete Einstiegspunkt doch nicht optimal war.
Keine 500 Meter entfernt lag bereits das erste Wehr bzw. Querbauwerk, was ein mehrhundert Meter langes Umtragen nötig gemacht hätte – ohne Transportwagen.
Ergebnis: Umplanung! Wir suchten uns kurzerhand den nächstmöglichen Startpunkt und setzten dort ein.


Seelenfrieden
Anfang November, Temperaturen um die 5–8 °C – dem Wetter entsprechend gekleidet und warm eingepackt machten wir unsere ersten Meter.
Alles war ruhig. Abgesehen von ein paar Vögeln, die uns begleiteten, hörten wir nur uns selbst.
Nach einer kurzen Einlernphase für meinen Kumpel funktionierte das Steuern des Bootes weitestgehend problemlos. Wir genossen die Natur, die Stille und unsere gemeinsame Zeit fernab von allem.
Nach etwa 2–3 Stunden und den ersten Kilometern legten wir beim Umtragen des Bootes eine Frühstückspause ein. Ich setzte Wasser auf und kochte uns auf einem kleinen Campingkocher Kaffee. Wir aßen eine Kleinigkeit, dann ging es direkt weiter.

Nicht nur einmal während der Tour betonten wir, wie froh wir waren, dass wir unsere Pläne endlich umgesetzt hatten – und dass wir solche Ausflüge viel zu selten machen.
So paddelten wir glücklich und zufrieden dahin, bis …


Der Baum
Es war nun Nachmittag, ich schätze gegen 15:00 oder 16:00 Uhr.
Bis dahin hatten wir alle Hürden mit Bravour gemeistert und unser Boot samt Gepäck schon etliche Male umgetragen – anstrengend, aber auf eine verrückte Art auch sehr spaßig.
Dann erreichten wir eine Passage, bei der wir schon aus der Ferne umgestürzte Bäume ins Wasser ragen sahen. Das war bislang nichts Ungewöhnliches – solche Hindernisse hatten wir auf der Tour schon mehrfach passiert.
Doch diesmal sollte es anders kommen. Alles ging viel zu schnell, um es im Nachhinein noch genau rekonstruieren zu können.
Für uns wirkte die Engstelle absolut passierbar. Doch plötzlich nahm die Strömung stark zu, und ehe wir reagieren konnten, trieb sie uns unaufhaltsam direkt auf den Baumstamm zu, der quer im Wasser lag und – anders als gedacht – nicht nur teilweise, sondern komplett die Flussbreite blockierte.

Bremsen und Rückwärtsrudern half nichts mehr. Ich versuchte mich noch am Stamm abzufangen, musste dann aber, von der Strömung gedrückt, den Kopf einziehen und mich wegducken.
Das führte dazu, dass das Boot kenterte – und wir beide ein ungeplantes, ziemlich kühles Bad nahmen. Was für ein Abenteuer!


Die Rettungsaktion
Ich nehme im Winter regelmäßig Eisbäder in meiner Tonne und war deshalb völlig gefasst und entspannt – dank Atemtechnik war die kalte Überraschung für mich kein Problem.
Meinem Freund jedoch sah ich die Panik in den Augen an und versuchte, ihn zu beruhigen.
Wir schafften es, nach einigen Metern das Boot einzuholen und uns daran festzuhalten. Bei einer kurzen Schwimmeinlage gelang es mir sogar noch, das verlorene Paddel zu bergen.
Der Rest des Gepäcks war glücklicherweise unter dem Kanadier geblieben. Nur mein Smartphone und meine GoPro musste ich abschreiben – die liegen heute wohl noch auf dem Grund der Enz.

Die Strömung trieb uns noch ein Stück weiter, bis wir auf einen weiteren Baum stießen, an dem wir uns ans Ufer ziehen konnten.
Dort begann der „Überlebensprozess“: Boot und Material sichern, nasse Kleidung auswringen, sofort ein Feuer entzünden, um nicht auszukühlen, und gleichzeitig die Sachen etwas trocknen.
Unsere Ersatzklamotten waren zum Glück trocken geblieben, sodass wir schnell wieder ein Gefühl von Sicherheit bekamen.

Um es nicht unnötig in die Länge zu ziehen: Dank des noch funktionierenden Handys meines Freundes konnten wir unsere „Evakuierung“ organisieren (um es dramatisch auszudrücken).
In Wirklichkeit wurden wir einfach nur abgeholt und zu unserem Zielfahrzeug gefahren. Von dort ging es dann nochmal zurück zur „Unfallstelle“, um alles einzusammeln – und das war’s dann für diesen Tag. 😅

Fazit
Ich bin unglaublich dankbar, dass wir beide mit einem Schrecken davongekommen sind und ich heute hier sitze, um davon zu berichten.
Die nächste Tour ist bereits in Planung – diesmal aber definitiv mit noch mehr Sicherheitsvorkehrungen.
Alles in allem war es ein Tag und ein Abenteuer, an das wir uns trotz des großen Schreckens gerne zurückerinnern.

Ich bin nun gespannt auf eure Gedanken und euer Feedback hier im Forum.

P. S.: Auf GoPro-Aufnahmen kann ich aus bekannten Gründen leider nicht zurückgreifen.
Meine Drohne konnte ich aber bergen und im Nachgang ein kleines Video zusammenstellen. Wer mag, kann es sich hier ansehen:
https://youtu.be/jwxILOgnw3M


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