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Dieses Thema hat 8 Antworten
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 TOURENBERICHTE
Troubadix Offline



Beiträge: 1.359

23.12.2018 22:10
Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Moin,
ist schon eine Zeit her dass Lej und ich unsern Panda nach Norditalien zum Schwarzwaldwintertreffen gequält haben. Hab damals versprochen, die Torte für den Distanzpreis gebührend am Wasser zu würdigen.
Außer ein paar Feierabendrunden war ich dieses Jahr, bedingt durch Bau, Jagd, Russlandvorbereitungen und Gesundheit, kaum auf dem Wasser. Der Ally setzte im Bootshaus Staub an und das Segelkanu lag hauptsächlich hoch und trocken im Vorgarten.
Lej und ich sind dann Donnerstag vor dem letzten Wochenende der Ferien samt Kanu von einem Freund nach Schleswig gebracht worden um ein paar Tage auf der Schlei rum zu dümpeln und dort Kirschtorte zu essen.

Der Wind war so zwischen 3-4 genau richtig und es ging flott zur Stexwiger Enge wo unser Klabautermann uns gleich den ersten Streich gespielt hat, Pinnenbruch durch eigene Dusseligkeit oder zu wenig Übung.
Da Seenotfall, ins Wasser und das Kanu an den Strand des Vogelschutzgebiets geschoben, die beiden Bruchenden mit Panzertape fixiert und weiter über die Große Breite in Richtung Missunde.
Erst da hab ich gemerkt wie mir der Wind um die Nase, die Geräusche des Kanus im Spiel mit den Wellen, die Wattewolken, der strahlend blaue Himmel und das auf kommende Gefühl von Freiheit gefehlt haben.
Ab der Bucht von Missunde durch Landabdeckung kamen wir nur mit sehr gemächlichem Tempo erst an der Fähre, dann an der kleinen Liebesinsel vorbei, letztere darf neuerdings nicht mehr betreten werden, Vogelschutz für Kormorane, geile Nummer bei den 3 Bäumchen.
Die Schlei weitet sich danach und wir hatten wieder etwas mehr Wind in den Segeln um zügiger einen Platz fürs Nachtlager zu suchen, noch ein paar Buchten ausgesegelt und dann auf dem Wasser mit ein paar Paddlern aus dem Süden gefachsimpelt. Einen Moment später entdeckte Lej eine vielversprechend kleine Sandecke hinter dem dem Ufer vorgelagerten Schilfgürtel. Ein idyllischer Platz unter Eichen ohne Zivilisationsstörungen, am anderen Ufer ein paar Reetdachkaten weit genug entfernt, hinter uns nur Buschwerk und Kuhweiden.
Lej war sofort in die Bäume geklettert und im nächsten Augenblick ganz verschwunden, Kojen vor- und das Essen zubereiten war, wie in alten Zeiten, natürlich wieder mein Job. Den Sonnenuntergang genossen wir gemeinsam.
Nach dem Frühstück standen gute 4Bf direkt auf unser Ufer und wir kamen nur mit etwas Mühe frei. Wir hatten Kaiserwetter, strahlend blauer Himmel, herrliche Wolkenformationen und unzählige Gänse über uns. Wunderschöne Reetdachhäuser, herrliche Buchenwälder, tolle Segelboote und Yachten aus nächster Nähe um uns herum.
Die Klappbrücke von Lindaunis rückte näher und wir kamen bei gutem Wind immer weiter in Richtung Arnis, der kleinsten Stadt unserer Republik, voran.
In Arnis angekommen machten wir dort vor einer Bootswerft unweit der Fähre fest um etwas zwischen die Zähne zu bekommen, dann ging es auch schon weiter Richtung Kappeln. Bald am Museumshafen zur Linken, dem Heringszaun zur rechten vorbei, mogelten wir uns unter Brücke durch zum Stadtanleger wo ein paar nette Kajaker uns beim Anlegen zwischen dem Schraubenwasser der Ausflugsdampfer halfen.
Einen Stadtbummel und Provianteinkauf später waren wir schon wieder unterwegs in Richtung Schleimünde, immer noch berauschendes Kaiserwetter.
Rechts wie links wird die Schlei hier recht flach und alle größeren Boote müssen sich hier ans betonnte Fahrwasser halten, wir auch, da es der kürzeste Kurs nach Schleimünde ist, das Fjordtor zur Ostsee.
Für Lej wie auch mich ist es das schönste Stück der Schlei, wenn man auf den Nothafen Schleimünde zu steuert. Man sieht wie verzaubert einen einzelnen Baum sowie ein markantes Minikiefernwäldchen voraus aus dem Wasser wachsen, dazwischen Großsegler und andere Segelboote, rechter Hand wird der Leuchtturm, in anderen Berichten schwarz-weiss, jetzt grün weiss, immer größer. Optisch ein gutes Stück links vom Leuchtturm rauschen wir knirschend mit viel zu viel Wind im Segel auf den Strand, angekommen! Unser persönlich schönster oder angenehmster Übernachtungsplatz in Schleswig-Holstein, für Lej auch schöner als die Nordseehalligen.
Lej ist spurlos verschwunden, ich bereite das Abendessen und die Kojen vor. Klönschnack mit einem Paddler hier, einem Segler dort haltend erobere ich mir die Insellage neu. Die alte Giftbude gibt es so nicht mehr, eine bekannte Behinderteneinrichtung betreibt jetzt ein kleines Restaurant und kümmert sich um einen sauberen guten Zustand des Geländes mit seinen Einrichtungen.
Gegen Mitternacht treibe ich Lej in einem Pulk Jugendlicher auf, durchweg die Zöglinge der hier festgemachten Segler, ich mache mit Lej noch einen Spaziergang zum Leuchtturm und dann geht es in die Falle.
Ich wache auf, Lej ist verschwunden, taucht aber pünktlich zum Frühstück mit ein paar Jungs und Mädels auf wobei eins von den Letzteren sich auffallend rührend um Lej kümmert, merkwürdig.

Den ganzen Tag lang ist der Junge unauffindbar wobei Schleimünde nun wirklich nicht groß ist. Lej wird von der Mutter seiner weiblichen Begleitung durchgefüttert und erscheint erst Abends wieder um wenigstens ein paar Minuten mit mir gemeinsam den Sonnenuntergang zu betrachten.
Eigentlich wollten wir am nächsten Tag ins unweite Maasholm verholen um dort von unserem Freund abgeholt zu werden, leider ist dieser erkrankt und kann nicht kommen, Lej freut sich: "dann bleiben wir noch bis übermorgen und segeln am Sonntag direkt nach Kiel zurück". "Wie denn ohne Trockenanzug etc.."antworte ich. "Macht nichts Du Weichei, wir können im Notfall doch schwimmen", ist seine jugendliche Antwort. Mangels anderer greifbarer Lösung überredet, wird schon gut gehen, wie bisher immer.???
Die Kids angeln Hornies und sind kaum zu sehen, mittags koche ich Kaffe, Lej ist ausnahmsweise pünktlich um die Dose zu öffnen aber ehrlich, unter Schwarzwälder Kirschtorte hatten wir beide ein anderes Bild abgespeichert, geschmeckt hat Sie aber trotzdem auch ohne Sahne!
Am nächsten Morgen lichten sich die Liegeplätze, Ferienende, ein Boot nach dem anderen verlässt den schützenden Hafen. Lej tauscht, was mittels Handy heutzutage leichter möglich ist als früher, noch schnell ein paar Adressen aus und hilft mir beim Packen, ein Wunder!
Das Kanu ins Wasser geschubst und schon sind wir auf der Ostsee, rechter Hand am Torpedosperrgebiet vorbei geht es erst mal Richtung Eckernförder Bucht. Der Wind wird weniger um ein ganzes stück hinterm Sperrgebiet unweit des Stohler Grunds ganz ein zu schlafen.
Trügerische Stille, das geht in die Hose,ist mein erster Gedanke, ich erinnere mich noch gut an eine ähnliche Wetterlage vor Jahren als es nur ein Paddel und kein Segel gab an gleicher Position. Der Wind drehte innerhalb 45 Minuten von Ost auf West und mich befiel im fast leeren Atkinson Traveler das ungute Gefühl, die Nacht über bis nach Fehmarn geweht werden zu können. Ich hatte es damals mit letzter Puste bei sechs bf noch bis Bülck geschafft um dort dann mich am Strand zu übergeben und erst nach einer halben stunde wieder stehfähig auf die Füße zu kommen.
Diesmal mit Segel sollte das doch nicht problematisch werden können? Paddelnd auf dem Stohler Grund kam der Wind urplötzlich mit 5-6 aus west und die zuvor spiegelglatte See bekam wegen der geringen und sehr unterschiedlichen Wassertiefe unangenehme Beulen wobei dann völlig unnötig die Pinne aus der Befestigung am Steuer sprang.
Erst mal hab ich lautstark Lej zusammen gefaltet und ihm den Seenotraketenwerfer zu geworfen, dann habe ich meinen Astralkörper irgend wie auf dem Bauch liegend nach hinten gequält und es glücklicherweise hin bekommen das Ende der Pinne wieder ein zu fädeln, das zurück in die Sitzposition kommen war eine bewegungslegastenische Glücksgeschichte. Lej war klitschnass vom überkommenden Wasser und hat mich mit diversen Schimpfworten betitelt, er hatte scheinbar das erste mal etwas Bedenken bekommen ob der alte Knochen am anderen Ende des Kanus das auf die Reihe bekommt, er hat was von Diät gefaselt und meinte wohl mich damit.
" Hast Du Schisshase etwa Angst gehabt" war meine Frage. "Wieso dass denn, schau mal da rüber, die Küstenwache hat gestoppt und uns die ganze Zeit beobachtet". Er hatte zwar recht aber ich sagte ihm dann, dass die gar nicht helfen können weil es hier viel zu flach für die ist. Lej sagt" die hätten den Hubschrauber geschickt", meine Antwort" Du spinnst wohl!"
In der Annahme, dass es jetzt genug mit dem erhöhten Adrenalinspiegel sei, beschäftigte ich mich wieder mit Segeln und Lej mit den niederen Diensten des " Wasser aussenbords bringen".
Bald waren wir rum um den Bülcker Leuchtturm und drin in der Kieler Förde. Mist, was sind das denn für komische Tonnen gleich hinter Laboe, Sperrgebiet zu beiden Seiten mit schmalem Zwangsfahrwasser, warum soll ich denn die Vereinsnachrichten lesen wenn ich fast gar nicht paddle?
Rechts voraus liegt die Wasserschutz auf Lauer, hinter mir rauscht ein Frachter ran um zur Schleuse in Holtenau zu gelangen, der wind ist nicht mehr stark aber unpassend, das Shaw and Tenney schwimmt irgend wo vor der Eckernförder Bucht und das Reservepaddel ist oberintelligent unter den Packtaschen unter Deck verstaut.
Okay, Plan B, an dem Frachter schnell noch ausreichend vor dem Bug vorbei gekreuzt, dann in Sichtabdeckung der Wasserschutz durchs Sperrgebiet und dann mit dem nächsten Schlag als der Frachter vorbei ist gerade rechtzeig aus dem Sperrgebiet wieder raus ohne von den Wassersherrifs hops genommen zu werden. Nicht vorbildhaft aber glücklich! Warum müssen die auch im Sommer Bomben in der Kieler Förde entschärfen?
20 Minuten später am Verein, Lej´s Mutter angerufen um uns ab zu holen, postwendend Beide! zwei Einläufe bekommen den einen wegen der fehlenden Trockenanzüge, den anderen weil wir jeder ein Handy mit hatten aber sich keiner von uns wie angekündigt gemeldet hat. Ausreden hatten wir nur genützt haben sie nichts.

Wir wünschen Allen ein frohes Weihnachtsfest,
einen guten Rutsch ins Neue Jahr
und für die Zukunft viele traumhafte Stunden an und auf dem Wasser
Lej und Jürgen

Fotos folgen


Troubadix Offline



Beiträge: 1.359

23.12.2018 23:03
#2 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Bilder

Angefügte Bilder:
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champagnierle Offline



Beiträge: 164

25.12.2018 08:22
#3 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Hallo Jürgen,
vielen Dank für den eindrücklichen Bericht. 1993/94 hab ich ein Jahr an der Schleimünde verbracht. In Sichtweite der Giftbude in der Marine(w)affenschule. Direkt am südlichen Ausläufer des "Festlandes".
Damals gab's noch die Giftbude und Olpenitz war der größte Hafen der Bundesmarine. Bin jeden Tag von Ellenberg aus an die Schleimünde mit dem BW-Bus gefahren und habe vor allem im Sturm den hohen Radarmasten mit dem gigantischen Ausblick genossen.
Jaja. Die Zeiten ändern sich. Gibt's die alte Räucherei mit Duncan noch? Und das Chaplins in Dörphof?
Die (gute) alte Zeit. Lang ist es her.

Danke schön nochmals für den schönen eindrücklichen Bericht. War mal wieder 10min jung.

Schöne Weihnachten aus dem Süden (manche nennen es Norditalien)

Marc

==
Das Reh springt hoch,
das Reh springt weit,
es macht ihm Spaß,
es hat ja Zeit.


Troubadix Offline



Beiträge: 1.359

25.12.2018 21:23
#4 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Moin Marc,
ist halt alles vergänglich, vermutlich erkennst Du deinen alten Dienstort nicht unbedingt wieder. Versuche mal ein paar Bilder aus 2016 ein zu stellen. Während der ersten Rücken-Reha in Damp bin ich da öfter unterwegs gewesen.

Wünsche Dir einen Guten Rutsch ins Neue Jahr

Jürgen


PS. Es wird alles bebaut, einiges steht schon, rechter Hand dürfte der neue Yachthafen bald fertig sein. An den schwimmenden Häusern können die Eigentümer ihr Boot direkt fest machen.

Angefügte Bilder:
P2090086.JPG   P2090090.JPG   P2090095.JPG   P2090095.JPG_2.jpg  
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Jackson Offline



Beiträge: 95

25.12.2018 22:21
#5 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Danke für den tollen Bericht, lädt zum Träumen ein...

VG Jackson


champagnierle Offline



Beiträge: 164

26.12.2018 00:03
#6 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Hi Jürgen,
ja, da kenn ich nix mehr. Mein Haus wurde komplett abgerissen. Früher gab es neben dem Hafen eine Straße die dann nach links bis zur Schleimünde ging. Und ganz hinten gab es eine Wendeschleife. Und genau da stand das Haus. Davor waren Schiffsgeschütze, 100mm, und im Haus selbst war die Steuerung und eine Radaranlage auf einem Metallmasten - so gute 20m hoch.

Und samstags immer nach Dörphof ins Chaplins und danach noch in die Fährschenke, wenn die Disse zugemacht hat....
Oder nach Tarp, Sonderburg, EckTown oder Kiel. Oder erstmal nach Ellenberg zu Oma Plüsch. Gute Pizza, super Sofas. Hat Spaß gemacht.

Mag die Zeit nicht missen.

Grüße aus dem Süden

Marc

==
Das Reh springt hoch,
das Reh springt weit,
es macht ihm Spaß,
es hat ja Zeit.


stephanieklapp ( gelöscht )
Beiträge:

04.01.2019 09:12
#7 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Wow Tolle Bilder!


Alec Offline



Beiträge: 120

07.01.2019 14:33
#8 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Das hab ich gern gelesen. Gut geschrieben, viele Infos zum Revier - danke!

Ja, es ist wichtig, das Ruder gegen Rausrutschen zu sichern, weil es eine akrobatische Nummer ist, es auf dem Wasser wieder einzuhängen.
Ich sichere das Bufflehead-Ruder mit den runden Marine Standard-Splinten, die durch kleine Löcher am unteren Ende der Scharnierstifte gezogen werden. Das ist mehr Fummelei als ich mir wünsche. Das ARTEMIS-Ruder hat deshalb eine durchgehende Scharnierstange, oben abgewinkelt, unten mit Gewinde für eine Stoppmutter.

Ich wünsche euch für 2019 genug Zeit für mehr salzige Segel- und Paddeltouren.

Viele Grüsse vom Bodensee! Axel


Troubadix Offline



Beiträge: 1.359

25.01.2019 23:17
#9 RE: Schwarzwälder Kirschtorte aus der Dose Antworten

Moin Axel,

das Widerlager der Pinne aus Kunststoff an der Ruderhalterung war gebrochen, hab dann hinter das raus gerutschte Gummiteil ein Streichholz gewürgt, bis nach Hause hat es dann gehalten. Das nächste Mal gibt es dann von vorne herein eine Bindesicherung.


Liebe Grüße aus dem Norden

Jürgen


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